Beflügelte Heavy-Veteranen seit 1979

 Selbst bei intensiver Forschung fällt es schwer, eine Band aus Holland zu finden, die schon vor Picture Heavy Metal gemacht hat. Golden Earring gelten nicht, da im besten Fall Hardrock. Wie hoch stehen also die Chancen, dass man nach vierzig Jahren im Original-Line-up auf der Bühne steht und nebenbei noch ein frisches und energiegeladenes Album veröffentlicht?  

Trotz Regen begeisterten Picture beim vergangenen Bang Your Head Festival. Schlecht habe ich die Holländer noch nie gesehen, aber hier haben sie noch eine Schippe draufgepackt. Die Frage an Drummer Laurens Bakker, ob das Open Air Spaß gemacht hat, ist fast schon Einstiegs-Small-Talk.

„Oh ja, wir haben das Festival sehr genossen. Es ist super organisiert und so kann man sich ganz auf die Performance und das Publikum konzentrieren. Es hat großen Spaß gemacht“, gibt Laurens wie erwartet positiv zu Protokoll.

 Die positive Energie erlebte ich aber auch kurz danach im Backstagebereich, wo die Band ihren Raum hatte. Es wurde gelacht und gefeiert, die Stimmung war perfekt. Picture scheinen nicht nur fünf Musiker zu sein, sondern auch Freunde. Ist das vielleicht auch ein Grund, warum die Band noch existiert?

„Es ist absolut von Vorteil wenn man untereinander gut auskommt. Die Atmosphäre innerhalb der Gruppe ist super und natürlich hilft das auch, die Sache am Rollen zu halten“, erklärt Laurens. Und ich muss auch sagen, dass ich mich jedes Mal fast ebenso darauf freue, die Sympathiebolzen zu treffen, wie auf den Gig an sich.

 Mit einer positiven Einstellung rockt es sich noch besser. Das merkte man auch auf der vor einigen Wochen erschienenen Live-CD.

„Wir haben die Show im Get Rhythm in Ridderkerk aufgenommen. Eigentlich war der Plan, eine Live-DVD zu machen, doch das Bild war zu schlecht. Also haben wir eine CD daraus gemacht“, lacht Laurens.

 Da kann man nur hoffen, dass der Spruch „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ seine Gültigkeit hat und man den Plan irgendwann verwirklicht. Doch Picture-Fans dürften auch ohne aktuelle DVD hochzufrieden sein, denn mit „Wings“ hat das Quintett mal eben das beste Album seit ihrer Reunion veröffentlicht. Das Review in dieser Ausgabe spricht für sich. Wann habt ihr mit dem Schreiben der Stücke angefangen?

„Schön dass dir die Scheibe gefällt. Zum Glück scheint es vielen Leuten so zu gehen, denn die Kritiken sind super. Wir mussten allerdings für das Album nichts schreiben, denn wir hatten genug Material für eine neue Platte. Die Kernfrage war eher, wie sinnvoll es ist, eine neue CD zu veröffentlichten. Am Ende empfanden wir die Songs als zu gut, und wir begannen mit der Arbeit an ‘Wings’. Diese hat dann um die zwei Monate gedauert, bevor wir dann ins Studio gegangen sind“, berichtet Laurens die Umstände rund um den neuen Dreher.

 Ich selbst war bereits gespannt, denn Mike vom Aardshok Magazine sagte mir schon beim Bang Your Head, dass ich das Album lieben werde, da es 100 % nach Picture klingt. Und er hat recht behalten. Laurens amüsiert sich:

„Ha ha, natürlich müssen es 100 % sein, denn wir sind ja alle Originalmitglieder. Man findet vier ältere Songs, aber Rien Appie und ich haben intensiv geprobt, bevor wir ins Studio gegangen sind. Wir änderten ein Stück so heftig, so dass ich gar nicht mehr weiß, ob es ein älteres oder ein neues Lied ist“, lacht Laurens. „Die Handschrift von Jan ist bei den Stücken sehr deutlich und auch der Einfluss von Appie, der in kurzer Zeit zu einem vollwertigen Picture-Mitglied geworden ist. Die Hammondorgel beim Titelsong war zum Beispiel seine Idee. Er spielte sie nur aus Spaß, aber uns gefiel sie so gut, dass wir sie gelassen haben“, lobpreist Laurens den neuen, zweiten Gitarrist.  

Man muss aber auch den kraftvollen und natürlich klingenden Sound des Albums erwähnen.

„Tja, manchmal braucht man auch etwas Glück. Wir trafen Jonathan Merrelaar von Red Pack Productions, und auch wenn er viel jünger ist als wir, hat er direkt verstanden, wie Picture zu klingen haben – mit etwas Unterstützung von Rien hier und da. Er ist ein super Typ mit vielen Ideen. Normalerweise geht es sofort mit den Drums und einer Rhythmusgitarre zusammen in einem Raum los, aber dieses Mal hat er viel Zeit in die Positionierung der Schlagzeugmikrofone investiert. Insgesamt haben wir alles so natürlich wie möglich gelassen, denn das ist der Sound von Picture. Es war ihm wichtig, dass ein starkes Fundament für Jan, Appie und Ronald vorhanden war. Das Resultat ist großartig und wir sind sehr zufrieden“, freut sich Laurens.  

Schon jetzt liest man erneut vereinzelte Vergleiche mit Saxon. Und auch wenn es ein paar Gesangslinien gibt, die den Briten gut stehen würden, kann ich alleine schon deshalb nicht zustimmen, da Picture ein Original aus der gleichen Zeit ist.

            „Wir werden oft mit Saxon verglichen, aber auch mit anderen Bands. Man kann das aber als Kompliment ansehen, denn wir mögen diese Gruppen ja auch. Auf der anderen Seite ist etwas nervig, denn wir sind eben Picture und wir haben einen eigenen Sound und eigenen Stil. Es wäre schön, wenn das eher festgestellt werden würde“, sagt Laurens völlig berechtigt.

 Die Fans tun das sicherlich schon lange. Ich würde lieber den Begriff NWODHM einführen – New Wave Of Dutch Heavy Metal.

 Picture gehören zu den Acts, die einst auf einem Majorlabel angefangen haben und heute bei einer – im Verhältnis – kleinen Independent-Firma (Pure Steel) sind. Früher hatte solch ein Schritt immer eine schlechte Außenwirkung, aber heute sieht die Sache anders aus.

„Die Majors haben nichts für uns getan. Sie wollten kein Geld in eine Metalband investieren, da sie es für zu riskant hielten. Zum Beispiel sollten wir damals mit Saxon auf Tour gehen, aber sie machten dafür kein Geld locker. Pure Steel haben vielleicht geringere Ressourcen als ein Majorlabel, dafür sind aber passionierte Metalheads, die Picture lieben. Somit geben sie ihr Bestes, veröffentlichen die Scheibe weltweit und helfen uns, wo sie nur können“, stellt Laurens klar.

 Im Vorfeld zu diesem Interview erzählte mir unser Big Boss Mike Möller, dass er 1981 extra nach Wiesbaden gefahren ist, weil ihr im Vorprogramm von Rose Tattoo am Start gewesen seid. Erinnert ihr euch an die Show und habt ihr im Publikum vielleicht einen Mann mit Brille gesehen?

„Ha ha, nein. Aber ich erinnere mich an die Gigs mit Rose Tattoo. Sie gaben uns den wohl fürchterlichsten Sound, den wir je hatten, bei allen drei Shows. Thema erledigt“, erinnert sich Laurens, wenn auch nicht an unseren Mike.  

Mein Einstieg war damals die Scheibe „Eternal Dark“, und dann wurden in Folge die älteren Alben verhaftet. Ich liebe sie alle. Nur danach wurde es etwas seicht und man kann fast schon von AOR reden. Wie denkst du heute über LPs?

„Nun, ich finde, das sind Kackplatten! Zum Glück habe ich darauf nicht gespielt und ich hätte auch nicht meine Seele verkauft, um mit Picture kommerzielle Musik zu machen. Ich möchte ehrliche Musik machen, die ich liebe, und nicht, was die Plattenfirma gerne hätte. Und das ist, was wir heute tun. Ich hoffe, die Fans lieben es auch“, gibt Laurens einen Seitenhieb zu den „sanfteren“ Jahren der Holländer.

Text: Andreas „Neudi“ Neuderth

Pic: Record Company

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